| Die Inspiration der Bildhauer Künstler erzählen beim Werkstattgespräch in St. Märgen über ihre Arbeit und ihren Antrieb. ST. MÄRGEN. Verblüffendes erfuhren die zahlreichen Besucher beim zweiten Künstlergespräch im Rahmen der Kunstsommerwochen am Samstagabend auf dem Augustinerplatz und im Klosterhof. Die drei Bildhauer CW Loth, Herta Seibt de Zinser und Dietrich Schön aus der Ateliergemeinschaft im Freiburger E-Werk erläuterten anhand ihrer Werke ihre Arbeitsweise. Dabei wurde deutlich, wie unkonventionell die Künstler denken und wie sie sich im Lauf der Berufsjahre Fertigkeiten angeeignet haben, die ihnen unerwartete Ergebnisse bescheren. Wie beim ersten Künstlergespräch, moderierte Kurator Eberhard Brügel, ehemaliger Kunstprofessor an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg. CW Loth, Jahrgang 1954, hat nach dem Studium der Bildhauerei in Ottersberg mehrere Stipendien und Preise erhalten. Seit 1985 hat er zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland bestückt. Er arbeitet seit 1989 im E-Werk. Seine Skulpturen wirken, als seien sie aus mehreren Stücken zusammengesetzt, aber in Wirklichkeit sind sie aus einem einzigen Block oder Stamm gemacht. Loth öffnet mit einer speziellen Schnitttechnik das Holz und lässt nur kleine Zapfen oder Scharniere stehen, an denen er ganze Stücke nach außen drehen oder klappen kann. "Die Schnitte müssen exakt sitzen. Zweimal schneiden geht nicht", erklärte er. Loths Ziel ist es, aus dem Holz ein größeres Volumen herauszuholen und in den Raum zu stellen. "Kein Teil darf herausnehmbar sein", betonte er. Geht etwas schief, kommt alles in den Ofen. Ungläubig ließen sich die Zuhörer anhand von Modellen mehrmals den Mechanismus zeigen. Am Ende, wenn ein Werk mit Hilfe von Kränen und Gerüsten schon senkrecht steht, richtet er es aus und fixiert es. Dennoch wirken die Werke beweglich und dynamisch; die Bewegung findet in der Vorstellung der Betrachter statt. Auch Herta Seibt de Zinser benötigt schweres Gerät, obwohl ihre Metallfiguren, die geschwungene Linien in den Raum zeichnen, viel feiner wirken als Loths monumentale Holzfiguren. Die Bildhauerin, Jahrgang 1955, stammt aus Peru. Nach dem Studium der Bildhauerei kam sie nach Deutschland, seit 1996 unterrichtet sie, seit 2004 hat sie ein Atelier im E-Werk. Ihre Skulptur "Fruto X" ist wie alle ihre
Werke aus Eisenrohr gemacht. Die drei Meter langen Rohre schneidet
sie zu, spannt sie in den Schraubstock, erwärmt sie mit dem Schweißbrenner
und formt sie. Sind die Einzelteile fertig, steckt sie diese zu großen
Figuren zusammen. Erst beim Aufstellen vor Ort entsteht die endgültige
Form. "Ich mache keine Modelle. Beim Biegen wird es klarer, dann
entscheide ich mich. Es ist alles im Fluss." Zeichnungen, die
sie zu Meditationszwecken aus Pflanzenteilen anfertigt, lassen ein
Gefühl für bestimmte Linien entstehen. Bei "Fruto X"
standen Linien Pate, die sich in der spiralförmigen Aneinanderreihung
der Schuppen von Tannenzapfen ergeben.Gefragt nach der Botschaft ihrer
Werke, sagte die Künstlerin, sie sollten die Sinne ansprechen,
nicht den Verstand. Die Größe und Form ihrer Figuren sei
eine Hommage an die Schöpfung, die Natur. Dietrich Schön, Jahrgang 1954, arbeitet wie ein klassischer Bildhauer: Er formt Modelle und lässt sie dann in Eisen gießen. Schön studierte Bildhauerei in Stuttgart und erhielt mehrere Stipendien, seit 1992 unterrichtet er und ist Künstler im E-Werk. Nach Jahren als Holzbildhauer hat er aus Sicherheitsgründen die Kettensäge an den Nagel gehängt und schnitzt nun Styropor "wie andere Ton", sägt Teile heraus oder klebt welche an, bis er zufrieden ist. Manchmal baut er einen Kern hinein, damit die Figuren hohl werden. In der Gießerei wird ein Sandbett um die Modelle gelegt und mit einem speziellen Kleber gefestigt. Wenn das heiße Eisen eingegossen wird, verpufft das Styropor und es entsteht ein Abguss. Größere Werke lässt Schön in Einzelteilen gießen und schraubt sie dann zusammen. Seine Figuren sind gegenstandsfrei, wecken aber gegenständliche Assoziationen, wie Brügel erklärte, es sind Hybridformen zwischen Natur und Technik. Wie er auf diese Formen komme, fragte Brügel. Schön: "Puh, das kann ich gar nicht so genau sagen." Er arbeite meist frei und nehme assoziativ Formen aus verschiedenen Bereichen auf, "es ist ein Mix". Auffallend sind die lautmalerischen Titel seiner Werke, etwa "Tamarac", "Blutempa" oder "Birimba", die im Klosterhof und auf dem Augustinerplatz stehen. Er gibt sie ihnen erst, wenn sie fertig sind. "Es ist dann genau das, was es ist. Das gibt’s nur einmal. Es sind alles Unikate."
Alexandra Wehrle
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