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Graphitgraue Kurven durchschneiden den Raum
Herta Seibt de Zinsers "Lineas" bei den Merdinger Kulturtagen
MERDINGEN (ue).
Jubiläumsausstellung zum zehnjährigen Bestehen des Merdinger Kunstforums in der Zehntscheuer der Gemeinde ist eine ganz besondere Ausstellung: Graphitgraue Linien und Kurven aus Stahlrohr durchschneiden den kahlen Raum und bilden Skulpturen, die ganze unterschiedliche Vorstellungen zulassen.
Je nachdem, aus welchem Blickwinkl die “Lineas” (zu deutsch Linien) der peruanisch-deutschen und seit einigen Jahren in Freiburg lebenden Bildhauerin Herta Seibt de Zinser betrachtet werden, entstehen neue Bilder. Sie erzählen eierseit von Kontinuität, aber vor allem von Bewegungen und Veränderung sowie vom Spiel mit imaginären Flächen, die sich zwischen den einzelnen Rohren immer wieder auftun.
“Raumfetzen kippen hinein oder fallen wieder heraus”, versuchte es Herbert Maier in seiner Rede zur Ausstellungseröffnung auszudrücken . Wie Puzzlestücke würden die unzähligen, realen Raumsegmente auf die Ebene der Skulpturenzeichnung gebracht und die Leere ausfüllen. Umgekehrt sei jedoch auch das Abdocken aus den Windungen der Skulptur ablesbar.
Es scheine außerdem eine Neigung des Auges zu sein, an den Linien entlang zu gleiten. Die Zeichungen aus Eisenrohr würden den Betrachter im Zickzack-Kurs auf die Reise schicken. Dabei beschleunige sich die Sehbewegung in den Winkeln und verlangsame sich wieder auf den Geraden.
Dass dadurch irgendwie ein Spiel der Möglichkeiten entsteht, wurde auch bei der dieses Mal sehr gut besuchten Vernissage deutlich. Bernd Lafrenz (begleitet von Guillaume Chastel, Percussion und Michael Pöhlmann, Kontrabass) zeigte ohne große Worte auf, wie die Skulpturen der Künstlerin inspirieren können.
Mal “blies” der Pantomime einen winzigen “Gegenstand” durch die sich aufgrund ihrer Dreiteilung immer wieder variabel zusammensetzbaren Rohre. Dann lag er fast wie ein Ertrinkender unter dem sich aus einem Bogen bildenden “Hahn”, und schließlich nutzte er den Eisenwinkel als “Halfter” eines “Pferdes”.
Die Skulptur wurde gedreht und gewendet. Schnell und dann plötzlich wieder ganz langsam fuhr Lafrenz bei seiner Darstellung an den nur 21 Millimeter dicken Stahlstangen mit der Hand entlang und brachte dabei irgendwie auch das zum Ausdruck, was Herta Seibt de Zinser mit ihren durch Hitze gebogenen Eiseninien andeuten will: den Prozess der Veränderung auf eine unspektakuläre Art und Weise.
“Viele Künstler haben hier schon aufgestellt”, sagte Bärbel Mühlhölzer als Vorsitzende des Merdinger Kunstforums. Selten jedoch hätten Skulpturen die Zehntscheuer so ausgefüllt, hätten es verstanden, Leere und Raum derart zu binden. Und so war auch der Auftakt der Vernissage ungewöhnlich. Vor den noch geschlossenen Toren begann die Eröffnungsveranstaltung mit einem Gebärdenspiel: Lafrenz setzte Auf einer Imaginären Schreibmaschinie Linie für Linie und ließ schließlich die entsprechend eingestimmten Gäste ein.
Die Ausstellung der in Lima geborenen Künstlerin bildet den Rahmen für die diesjährigen Kulturtage in Merdingen, die einmal mehr mit vielseitigen Veranstaltungen aufwarten.

 
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